Mit den Augen hören

Erstmalig wurde in unserer Kirche Wernigerode ein Tag gestaltet, der sowohl den ortsansässigen Gemeindemitgliedern, im Besonderen aber den Geschwistern und Gästen, die mit einer Hörschädigung ihr Leben meistern müssen, gewidmet war.

Wenn man die Wortverkündigung des Gottesdienstes vom 26. Juni 2005 beschreiben sollte, dann könnte folgende Einschätzungdem Erleben gerecht werden:

"Prägnante und kurze Sätze, sehr deutliche Aussprache, intensiver Einsatz von Händen, Armen und Gesicht".

Warum ist dieser Tag es wert, erwähnt zu werden ?

Erstmalig wurde in unserer Kirche Wernigerode ein Tag gestaltet, der sowohl den ortsansässigen Gemeindemitgliedern, im Besonderen aber den Geschwistern und Gästen, die mit einer Hörschädigung ihr Leben meistern müssen, gewidmet war.
Über 30 Gottesdienstteilnehmer waren direkt von dem oben angesprochenen "Ritual" der Wortverkündigung abhängig. Alle anderen waren von der zeitgleich von einer Person "mehrsprachig" gehaltenen Predigt beeindruckt.
Da die Amtsträger aus der Gemeinde Wernigerode der Gebärdensprache nicht mächtig sind, wurde dieser Gottesdienst von Männern aus der "Nachbarschaft" gehalten. Die Leitung hatte Evangelist Ernst Knigge aus Braunschweig, mitgedient haben die Priester Andreas Krämer aus Leipzig und Lutz Mayet aus Pattensen.
Umrahmt wurde der Gottesdienst vom Chor der Gemeinde. Konnte auch die Musik nicht in das Innerste der hörgeschädigten Zuhörer transportiert werden, so wurde doch der Text vom Diakon Friedhelm Skibba aus Neustadt a. Rbg. in die wundersame "Zeichensprache" übersetzt.


Diakon Skibba (links) und Priester Mayet (am Altar)

Den krönenden Abschluss setzten die Wernigeröder Kinder, welche parallel zum Gottesdienst in der Sonntagsschule zwei Lieder einstudiert hatten.
Lied Nr. 1 wurde simultan vom Diakon gedolmetscht. Beim Lied Nr. 2 waren die Kinder gleichzeitig Sänger und Übersetzer. Mit vollem Einsatz ihrer Körpersprache begeisterten sie alle Zuhörer und wurden dafür mit einem anhaltenden Applaus bedankt.
Auch dieser Applaus war etwas Besonderes. Der große Teil der Gottesdienstteilnehmer klatschte wie gewohnt in die Hände, die hörgeschädigten Teilnehmer jedoch haben ihrer Begeisterung Ausdruck verliehen, indem sie ihre Hände weit über den Kopf erhoben und mit diesen vertikale schnelle Drehbewegungen ausführten - lautlos aber eindrucksvoll.


Kinder der Gemeinde Wernigerode bei ihrem Vortrag

Nach dem Gottesdienst waren viele der Einladung zum gemeinsamen Mittagessen auf dem Kirchenhof gefolgt. Die Kommunikation an den einzelnen Tischen war intensiv, aber trotzdem völlig unterschiedlich. Während die einen Mund und Ohren zum Gedankenaustausch nutzten und sich dabei ein entsprechender Lärmpegel aufbaute - erlebte man bei anderen völlige akustische Stille, dafür aber intensive "Gestikulation" und aufmerksam "hörende" Augen.


Gemeinsames Mittagessen (stehend: Herr Albrecht vom Landesverband der Gehörlosen Sachsen-Anhalt e.V.)

Das sonnige Wetter bot auch den Kindern eine schöne Möglichkeit, auf dem Areal des Kirchengrundstückes miteinander zu spielen.
Mit herzlicher Verabschiedung klang dieser besondere Tag aus - bei vielen mit dem Wunsch nach baldiger Wiederholung einer solchen Begegnung verknüpft.

U.P.

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